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Grundkonzepte der Modellierung

Wir betrachten die Konzepte der mathematischen Modellierung, gewöhnliche Differentialgleichungen, partielle Differentialgleichungen und Anfangswertprobleme.

Modellierung

  • Modell: Eine mathematische Formulierung eines technischen Problems durch Variablen, Funktionen und Gleichungen
  • Mathematische Modellierung oder Modellierung: Der Prozess der Erstellung eines Modells, seiner mathematischen Lösung und der Interpretation der Ergebnisse
flowchart LR
	title([Modellierung])
	A[Physikalisches System] --> B[Mathematisches Modell]
	B[Mathematisches Modell] --> C[Mathematische Lösung]
	C[Mathematische Lösung] --> D[Physikalische Interpretation]

Da viele physikalische Konzepte wie Geschwindigkeit oder Beschleunigung Ableitungen sind, haben Modelle oft die Form von Differentialgleichungen, die Ableitungen der unbekannten Funktion enthalten.

Gewöhnliche Differentialgleichungen (ODE) und Partielle Differentialgleichungen (PDE)

Gewöhnliche Differentialgleichungen (ODE)

Gewöhnliche Differentialgleichungen (ordinary differential equation; ODE): Gleichungen, die die n-te Ableitung einer unbekannten Funktion enthalten

Beispiele:

\[y' = \cos x\] \[y'' + 9y = e^{-2x}\] \[y'y''' - \frac{3}{2}y'^{2} = 0\]

Partielle Differentialgleichungen (PDE)

Partielle Differentialgleichungen (partial differential equation; PDE): Gleichungen, die partielle Ableitungen einer unbekannten Funktion mit zwei oder mehr Variablen enthalten

Beispiel:

\[\frac{\partial^2 u}{\partial x^2} + \frac{\partial^2 u}{\partial y^2} = 0\]

Lösung

Wenn eine Funktion $h(x)$ in einem offenen Intervall $(a, b)$ definiert und differenzierbar ist und die gegebene gewöhnliche Differentialgleichung zu einer Identität wird, wenn $y$ und $y’$ durch $h$ und $h’$ ersetzt werden, dann wird die Funktion

\[y = h(x)\]

als Lösung der gegebenen gewöhnlichen Differentialgleichung im Intervall $(a, b)$ bezeichnet, und die Kurve von $h$ wird als Lösungskurve bezeichnet.

Beispiele:

\[y'=\cos x \Leftrightarrow y=\sin x+c\] \[y'=0.2y \Leftrightarrow y=ce^{0.2t}\]

Eine Lösung, die eine beliebige Konstante $c$ enthält, wird als allgemeine Lösung der gewöhnlichen Differentialgleichung bezeichnet.

Geometrisch ist die allgemeine Lösung einer gewöhnlichen Differentialgleichung eine Sammlung unendlich vieler Lösungskurven, wobei jeder Wert der Konstante $c$ einer Kurve entspricht. Durch Auswahl eines bestimmten Wertes für $c$ erhält man eine spezielle Lösung der gewöhnlichen Differentialgleichung.

Anfangswertproblem

Um eine spezielle Lösung für ein gegebenes Problem zu erhalten, muss der Wert der beliebigen Konstante $c$ bestimmt werden. In vielen Fällen kann dies durch eine Anfangsbedingung wie $y(x_{0})=y_{0}$ oder $y(t_{0})=y_{0}$ ermittelt werden (der Begriff Anfangsbedingung wird verwendet, auch wenn die unabhängige Variable nicht die Zeit ist oder $t_{0}\neq0$). Eine gewöhnliche Differentialgleichung mit einer Anfangsbedingung wird als Anfangswertproblem bezeichnet.

Beispiel:

\[y'=f(x,y),\qquad y(x_{0})=y_{0}\]

Modellierungsbeispiel: Exponentieller Zerfall radioaktiver Substanzen

Bestimmen Sie die verbleibende Menge einer radioaktiven Substanz zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Anfangsmenge 0,5g beträgt.

Experimente zeigen, dass radioaktive Substanzen mit einer Geschwindigkeit zerfallen, die proportional zur verbleibenden Menge der Substanz ist, und daher mit der Zeit abnehmen.

1. Aufstellen des mathematischen Modells

Sei $y(t)$ die verbleibende Menge der Substanz zum Zeitpunkt $t$. Da $y’(t)$ proportional zu $y(t)$ ist, erhalten wir die gewöhnliche Differentialgleichung erster Ordnung:

\[\frac {dy}{dt} = -ky\]

(wobei $k>0$ eine Konstante ist).

Wir kennen auch die Anfangsbedingung $y(0)=0.5$. Daher können wir unser mathematisches Modell als folgendes Anfangswertproblem aufstellen:

\[\frac {dy}{dt} = -ky, \qquad y(0)=0.5\]

2. Mathematische Lösung

Die allgemeine Lösung der oben aufgestellten gewöhnlichen Differentialgleichung lautet (siehe Trennung der Variablen):

\[y(t)=ce^{-kt}\]

Da $y(0)=c$, erhalten wir aus der Anfangsbedingung $y(0)=c=0.5$. Daher ist die gesuchte spezielle Lösung:

\[y(t)=0.5e^{-kt} \quad(k>0)\]

3. Physikalische Interpretation der Lösung

Die gefundene Lösung repräsentiert die Menge der radioaktiven Substanz zu einem beliebigen Zeitpunkt $t$. Die Menge der radioaktiven Substanz beginnt bei einem Anfangswert von 0,5(g) und nimmt mit der Zeit ab, wobei der Grenzwert von $y$ für $t \to \infty$ gleich $0$ ist.

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